17. Juli 2018

Die Wegbereiter der Herzchirurgie

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Hans Georg Borst einen Mediziner, der zu den Wegbereitern der modernen Herzchirurgie in Deutschland zählt. Als Gründungsordinarius und Geschäftsführender Direktor des Departments Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover gestaltete er ab 1968 dessen Aufbau und Entwicklung.
Christine Schönberger

Während seiner Zeit als Chef entwickelte er die Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie zwischen 1972 bis 1996 zu einem führenden Zentrum auf diesem Gebiet. Erfolgreich setzte er sich für den Abbau der langen Wartelisten von Kranken ein, die eine Herzoperation benötigten. Er war Mitbegründer von Fachgesellschaften, ein profilierter Hochschullehrer und ein national und international anerkannter und vielfach ausgezeichneter Meister seines Fachs. Mit seinem Engagement in Lehre und Forschung begeisterte er viele junge Mediziner, und nicht wenige seiner Schüler wurden selbst zu Koryphäen ihrer Disziplin. Für sein Lebenswerk erhielt er 2014 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Mit seinen außergewöhnlichen wissenschaftlichen Leistungen und seinem Einsatz als Kliniker hat sich Hans Georg Borst um seinen Berufsstand und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

Verdienste in der Kardiologie

Borst wurde am 17. Oktober 1927 in München geboren. Nach seinem Kriegseinsatz legte er 1947 das Abitur ab und setzte im Anschluss an sein Physikum in München sein Medizinstudium 1950 an der Harvard Medical School in Boston fort, wo er 1953 den Titel „Medical Doctor“ verliehen bekam. 1956 kehrte er nach Deutschland zurück und fand in Prof. Dr. Rudolf Zenker einen hoch geschätzten Lehrer und Mentor, der ihn in sein Team an der Chirurgischen Universitätsklinik in Marburg aufnahm. Mit ihm wechselte er nach seiner Promotion 1958 an die Chirurgische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im April 1968 erhielt Borst seine Berufung als Ordentlicher Professor für Chirurgie an die neu gegründete Medizinische Hochschule Hannover. Als Leiter der allgemeinchirurgischen Abteilung im Oststadt-Krankenhaus und Geschäftsführender Direktor des Chirurgie-Departments sorgte er im Zuge des Aufbaus für die Subspezialisierung der chirurgischen Bereiche und deren reibungslose und erfolgreiche Zusammenarbeit. Zu der Ausgestaltung des Departments gehörten neben flachen Hierarchien die Selbstständigkeit und Gleichberechtigung der Fachkliniken in Krankenversorgung und Forschung, gemeinschaftliche studentische Lehre sowie die systematische Weiterbildung mittels Rotation durch die Kliniken.

Für Borst war die Medizin Berufung und Leidenschaft. Gepaart mit dem nötigen Mut und Erfindungsgeist hat er vielfach zur Entwicklung neuer Methoden und Techniken beigetragen. So gehörte er zu den Pionieren der Herzchirurgie im Nachkriegsdeutschland. An der Seite seines Chefs Prof. Dr. Zenker bediente er bei der ersten offenen Herzoperation zur Behebung eines Vorhofseptumdefekts an der Universitätsklinik in Marburg 1958 die Herz-Lungen-Maschine. Nach der Herzkathetertechnik stellte die extrakorporale Zirkulation eine weitere bahnbrechende Entwicklung dar. Mit deren Standardisierung wurde die Behandlung von Erkrankungen der Herzklappen und Herzkranzgefäße sowie angeborenen Herzfehlern zur Routine. Ein weiterer Schwerpunkt war die Behandlung von Aortenaneurysmen und -dissektionen. Dafür entwickelte Borst die erstmals 1982 angewandte „Elefantenrüsseltechnik“ und setzte damit einen Meilenstein in der Kardiovaskularchirurgie. Mit der Verpflanzung von thorakalen Organen läutete Borst in seiner Klinik ab den späten 1970er-Jahren ein gänzlich neues Kapitel der Chirurgie ein.